Grosse Toechter, Veronika Fehle, Vorarlberger KirchenBlatt, 3.4.2014

Seit 1. Jänner 2012 ist alles klar. Österreich hat nicht nur große Söhne, sondern auch Töchter und die besingt man in der Bundeshymne. Wie groß die Töchter wirklich sind, das zeigt das neue Stück „Große Töchter“ der „heroldfliri“ im Alten Hallenbad Feldkirch.

Es war einmal und es ist noch gar nicht so lange her, dass Tini Kainrath, einem der „Rounder Girls“ die große Ehre zukam, beim Fußball-Länderspiel im Happel-Stadion die Bundeshymne zu singen. Und eben dieser Tini Kainrath rutschten in der vierten Zeile der Österreichischen Bundeshymne doch glatt die Töchter neben die großen Söhne. Skandal!

Und man entschuldigte sich für diesen Fauxpas bei allen Zusehern. Gut zwölf Jahre später sind die großen Töchter ganz offiziell Teil der Bundeshymne und für die Theatermacherinnen von „dieheroldfliri“ Anlass, sich mit ihrer wahren Größe satirisch-dokumentarisch auseinanderzusetzen. Aber wo fängt man an und wo hört man auf, wenn man der weiblichen Seite eines Landes nachspüren will? Ganz einfach: bei den Ersten. Der ersten weiblichen Friedensnobelpreisträgerin (Bertha von Suttner), der ersten weiblichen Architektin Österreichs (Margarete Schütte-Lihotzky) oder der ersten weiblichen Schirennläuferin, die ein Mann war (Erik(a) Schinegger).

Ein wilder Mix?

Damit fängt man an, um über Augusta Maria Trapp das Filmidyll der singenden Trapp-Familie zu demontieren, mit Bertha von Pappenheim hinter die Anfänge der Psychoanalyse und der Frauenrechtsbewegung zu blicken, mit Hedy Lamarr über den großen Teich nach Hollywood zu schippern, um dann mit Cecily Corti und Ute Bock – zwei Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten und mit ihrem Engagement für Menschen in Not doch dasselbe Ziel verfolgen – in der Gegenwart zu landen.

Ein wilder Mix, ein Husarenritt durch die Geschichte? Sicher. Und eins sei auch noch gleich gesagt: Nicht jede große Tochter kommt dabei ganz ungeschoren davon. Dafür sorgen schon Maria Fliri und Peter Bocek, die beiden Akteure dieses Theaterabends im Alten Hallenbad. Manchmal bitterböse, dann wieder scheinbar ganz brav, immer aber mit hintergründigem Humor springen sie in der Regie von Barbara Herold von Schauplatz zu Schauplatz und von Rolle zu Rolle. Keine leichte Aufgabe, und sie meistern sie scheinbar spielend.
Eigenartig offen aber bleibt das Stück dennoch. Barbara Herold, die sowohl hinter der Regie als auch dem Text des Stückes steckt, scheint ihrem Publikum nicht ganz verraten zu wollen, ob denn nun die großen Töchter groß, klein, gut oder nicht ganz so blitzeblank waren, wie sie vielleicht heute gerne gesehen werden. Vielleicht waren und sind sie auch alles in allem und lassen sich deshalb nicht so gerne einfach in eine gesungene Hymnenzeile packen.

Weiter denken.

Der „Abspann“ allerdings lässt dann keine Fragen mehr offen. Dafür wurden in einer kurzen Videoumfrage Herr und Frau Österreicherin gebeten, ihre ganz persönliche, große Österreicherin zu benennen. Und die lässt sich in groben Zügen mit drei Schlagworten beschreiben: Mutterschaft, Liebe und Aufopferung für die Ihren. Vielleicht auch ein Punkt, von dem aus noch weiter über die großen Töchter räsoniert werden kann.