In der Bundeshymne kommen sie erst seit Kurzem vor, die Geschichts- oder auch Lehrbücher sind auch nicht unbedingt gegendert und obwohl wenigstens das Frauenwahlrecht vor knapp hundert Jahren erkämpft werden konnte, sind große oder entscheidende Taten von Österreicherinnen in der öffentlichen Wahrnehmung nicht so selbstverständlich präsent wie jene von Österreichern. Diese wenig erfreuliche Tatsache bietet erstens die Basis einer neuen Theaterproduktion des Vereins „dieheroldfliri.at“, mit der man zweitens auch an der Veränderung solcher Zustände mitwirkt. Denn das sich das Stück „Große Töchter“ nicht nur bestens für unterhaltende und bewusstseinserweiternde Abende eignet, sondern auch für Aufführungen im schulischen Rahmen (bei denen die Jugendlichen gewiss nicht pennen) steht nach der Uraufführung im Alten Hallenbad in Feldkirch außer Frage.
Dabei ist die Regie führende Autorin Barbara Herold wohl nicht mit vorwiegend belehrender Absicht ans Werk gegangen, die Wahlösterreicherin verfolgte die bis ins Parlament reichende Diskussion um die Erweiterung des Textes der Bundeshymne, in der bislang nur die großen Söhne besungen wurden und kommentierte die nicht mehr nur humorvollen, sondern zuweilen grotesken Äußerungen unserer Abgeordneten auf die ihr entsprechende Art, nämlich mit einer Bühnencollage. Das tut gut und das klingt gut, denn das Ineinanderfließen von Videodokumenten (inklusive zeichnerischer Animation), Musik, Spiel- und Vortragsszenen führt zu einem spannenden und informativen Statement, das selbstbewusst daherkommt und dabei die Selbstironie in gutem Maß berücksichtigt.
Maria Fliri und Peter Bocek agieren vor rot-weiß-roten Stoffbahnen (Ausstattung: Caro Stark) und schlüpfen in verschiedene Rollen, um die Leistungen einiger Persönlichkeiten aus der langen Liste der „großen Töchter“ zu erörtern, gleichzeitig aber auch die Fehlleistung der Mit- und Nachwelt zu deklarieren und gegebenenfalls auch Fehleinschätzungen zu korrigieren.
Nicht nur Erfinderinnen
Im Bereich von Technik und Wissenschaft werden die Taten von Frauen zwar auch noch nicht ausreichend gewürdigt, sie sind aber zumindest nicht so oft vergessen worden. Dass Hedwig Eva Maria Tiesler, besser bekannt als Hedy Lamarr, Wesentliches zur globalen Kommunikation beitrug, ist da oder dort bereits durchgesickert, wie die hübsche Lady die optischen Anforderungen in der Filmindustrie reflektiert, verleiht dem Stück eine humorvoll bissige Note. Dass Maria Augusta Trapp das Österreich-Bild vieler US-Amerikaner auf eine Weise beeinflusste, wie wir es selbst gar nicht kennen, kann jeder Salzburg-Besucher miterleben, dass die sangesfreudige Dame die ihr anbefohlenen Sprösslinge gerne einmal verprügelte, dafür aber den die Trapp-Familie begleitenden Geistlichen mehr als nur liebkoste, wissen wir nun also auch.
Zur kritischen Auseinandersetzung mit den „großen Töchtern“ zählt auch, dass die Skiweltmeisterin Erika Schinegger als Erik auf dumme Vorurteile stieß und dass ihre Kinder- und Sportärzte schlicht zu blöd waren, um die Fehlbildung der äußeren Geschlechtsteile zu erkennen. Die Leistungen der Architektin Margarete Schütte-Lihotzky nicht auf die Konstruktion ihrer beispielhaften Einbauküche reduzieren zu wollen und es dann doch zu tun, ist ein kleiner Schwachpunkt in der Inszenierung, einzubauen, in welchem grausamen Ausmaß sie politisch verfolgt wurde, gehört wiederum zu den Pluspunkten der Produktion, in der soziale Leistungen (Bertha Pappenheim, Ute Bock, Cecily Corti) in entsprechendes Licht gerückt werden.